Das Forschungs- und Erprobungsprojekt BELLE untersucht, wie Logistikunternehmen elektrische Nutzfahrzeugflotten zukünftig auf dem eigenen Betriebshof laden und den Ladeprozess in die Betriebsabläufe integrieren können.

Auch schwere Nutzfahrzeuge, wie Sattelzugmaschinen, Müllfahrzeuge oder Kehrmaschinen sollen zukünftig mit klimafreundlichen Antrieben unterwegs sein und so ihren Beitrag zur Reduzierung der Emissionen des Verkehrssektors leisten. Doch anders als Pkw, können diese Fahrzeuge nicht einfach bestehende Ladesäulen am Straßenrand ansteuern, wenn die Batterie leer ist. Zudem muss gewährleistet werden, dass sie zu bestimmten Zeiten voll einsatzbereit sind. Wo sollen schwere elektrische Nutzfahrzeuge also zukünftig aufladen? Lösungen entwickelt das frisch gestartete Forschungs- und Entwicklungsprojekt BELLE.

BELLE steht für „Betriebshofelektrifizierung – Ladeinfrastruktur und Lastmanagement in der praktischen Erprobung“. Hier wird erforscht, wie Logistik- und Fuhrunternehmen, Stadtreinigungen oder andere Betriebe, elektrische Nutzfahrzeugflotten zukünftig auf dem eigenen Betriebshof laden und den Ladeprozess in die Betriebsabläufe integrieren können. Die Projektpartner hySOLUTIONS, ABB E-Mobility, HAW Hamburg, Stadtreinigung Hamburg und Stromnetz Hamburg sowie der assoziierte Anwendungspartner Dachser gaben im Rahmen einer Kick-Off-Veranstaltung in Hamburg am 3. Mai 2023 den Startschuss für das dreijährige Projekt.

Elektromobilität hat im Schwerlastverkehr noch viele Herausforderungen

Obwohl der Hochlauf der Elektromobilität auch im Nutzfahrzeugsektor stark an Fahrt gewinnt, sind elektrische Lkw noch längst nicht so stark verbreitet wie E-Pkw. Auch wenn die Verfügbarkeit von Fahrzeugmodellen mittlerweile an Fahrt aufgenommen hat, müssen aus Sicht von Unternehmen vor allem Lösungen für drei Haupthindernisse erarbeitet werden:

  • Elektromobilität im Schwerlastverkehr ist noch relativ teuer. Zu den höheren Fahrzeugkosten kommen noch weitere Kosten für die Ladeinfrastruktur – besonders ins Geld geht dabei die Verstärkung des Netzanschlusses auf bestehenden Betriebshöfen.
  • Auf den Betriebshöfen fehlt häufig Platz für Ladeinfrastruktur. An Orten, an denen die Fahrzeuge betrieblich länger stehen (bspw. an der Rampe) lassen sich oft keine Ladepunkte anbringen, die Ladedauern sind zu lang und verhindern so den Einsatz der Fahrzeuge im Mehrschichtbetrieb. Außerdem ist die Reichweite für den Langstreckenverkehr noch nicht ausreichend.
  • Es fehlen Standards für Hersteller von Fahrzeugen, Ladeinfrastruktur (LIS), Batteriespeicher, Lade- und Lastmanagementsystemen. Oft sind die Systeme nicht kompatibel und es fehlt an leistungsfähigen Schnittstellen zwischen den IT-Systemen vor Ort und dem Last- und Lademanagement.

Modulare und skalierbare Ladeinfrastruktur für Betriebshöfe

Das BELLE-Projekt geht diese Probleme an, indem es ein Betriebshofkonzept für verschiedene Anwendungsfälle im Entsorgungs- und Logistikbereich entwickelt. Eine modulare und skalierbare Ladeinfrastrukturlösung soll es Betriebshöfen ermöglichen, ein System für ihre jeweiligen Flächen- und Netzgegebenheiten an den jeweiligen Standorten selbst zusammenzustellen.

Konkret entwickelt das Projekt Ladeinfrastrukturkonzepte für zwei verschiedene Einsatzkontexte und implementiert sie auf Betriebshöfen in die betrieblichen Abläufe. Dabei werden elektrotechnische, ökonomische und betriebsprozessuale Betrachtungen berücksichtigt. In dieser Demonstrationsphase werden Erkenntnisse gewonnen, die sich perspektivisch für die Anwendung in weiteren Logistikbereichen nutzen lassen. Diese werden in ein übertragbares Konzept überführt, welches schlussendlich eine leichtere Integration von elektrischen Nutzfahrzeugen an Betriebshöfen ermöglicht.

Förderung durch die Bundesregierung

BELLE erhält Fördermittel in Höhe von mehr als einer Million Euro aus der Förderrichtlinie Elektromobilität des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr – den Förderbescheid übergab Bundesminister Dr. Volker Wissing persönlich auf der Elektromobilitäts-Konferenz des BMDV am 21. März 2023. Die Förderrichtlinie wird von der NOW GmbH koordiniert und durch den Projektträger Jülich (PtJ) umgesetzt. BELLE ist außerdem als Technologie- und Erprobungsprojekt Teil der Umsetzung des BMDV-Gesamtkonzeptes klimafreundliche Nutzfahrzeuge.