Klimafreundliche Hybridtriebzüge haben das Potenzial, in den nächsten 20 Jahren einen Großteil der Dieselfahrzeuge auf Bahnstrecken ohne Oberleitung zu ersetzen. Das ist das Ergebnis einer Marktstudie des Instituts für Fahrzeugkonzepte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Auftrag der NOW GmbH.

Für die Studie „Marktanalyse alternativer Antriebe im deutschen Schienenpersonennahverkehr“ wurden über 130 Liniennetze des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) in Deutschland untersucht. Die DLR-Forscherinnen und Forscher zeigen Möglichkeiten, wie sich der Bahnverkehr mit innovativen Fahrzeugtechnologien in Zukunft umweltfreundlicher gestalten lässt.

Im regionalen Schienenverkehr sind Oberleitungsstrecken am leistungsfähigsten, daher werden wichtige Hauptverbindungen vorrangig elektrifiziert. Oberleitungen zu planen, genehmigen zu lassen und zu errichten kann durchaus aufwändig sowie zeit- und kostenintensiv sein. Meist müssen auch Gleisanlagen, Bahnsteige oder Brücken umgebaut und auf den aktuellen technischen Stand gebracht werden, um Fahrleitungen installieren zu können. Daher sind besonders Nebenstrecken oft nicht oder nur teilweise mit Oberleitungen ausgebaut. Auf solchen Linien stellen Hybridtriebzüge eine emissionsarme Alternative zu Dieselfahrzeugen dar: Die elektrisch angetriebenen Hybridtriebwagen beziehen ihren Strom entweder aus der Oberleitung oder fahrdrahtunabhängig aus Batterien oder Brennstoffzellen.

Bundesweit bis zu 2.500 Hybridtriebzüge
Auf über 400 Bahnlinien des deutschen Schienennahverkehrs sind heute Dieseltriebwagen im Einsatz, die meisten davon in den Flächenländern Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen. Für diese Liniennetze haben die DLR-Forscher ermittelt, wie viele Schienenfahrzeuge mit alternativen Antrieben einsetzbar wären. Dabei wurde ein bis 2038 ein bundesweites Marktpotenzial von bis zu 2.500 Hybridtriebzügen, je nach künftigem Oberleitungsanteil des Streckennetzes identifiziert. Ob Batterie oder Brennstoffzelle zum Einsatz kommen, hängt nicht nur von linienspezifischen Merkmalen ab. Neben Streckenlängen, den elektrifizierten Anteilen oder die Bedeutung als Haupt- oder Nebenverbindung spielen auch die Kosten für Fahrzeuge, deren Betrieb und die Anpassung der Infrastruktur eine Rolle.

Geeignete Antriebsart hängt oft von Eigenschaften der Bahnstrecken ab
Die aktuelle Reichweite von batteriegestützten Hybridtriebzügen liegt bei bis zu 100 Kilometern, hängt jedoch auch von den Einsatzbedingungen ab. Je nach Einsatzplan im Liniennetz lassen sich die Akkus bei Fahrten unter bestehenden und neu errichteten Oberleitungsabschnitten oder an Ladestationen während der Aufenthalte in Endbahnhöfen aufladen. Hybridtriebzüge mit Batteriepuffer sind daher vorwiegend für Linien geeignet, die zumindest in Teilabschnitten einfach zu elektrifizieren sind oder bereits Teilstrecken mit Oberleitung besitzen.

Auf Linien mit langen Abschnitten ohne Fahrleitung und Netzen mit nur wenigen Oberleitungsstrecken sind Triebzüge mit Brennstoffzellenantrieb die bessere Wahl. Dies gilt insbesondere für Bahnverbindungen in Regionen, in denen aus erneuerbaren Energien gewonnener Wasserstoff leicht verfügbar ist.

Weiteren Forschungsbedarf sehen die DLR-Autoren unter anderem bei sogenannten bi- oder trimodalen Hybridtriebzügen, wie sie bereits in Frankreich und England verkehren. Solche Züge besitzen zwei oder drei voneinander unabhängige Antriebssysteme. Dies kann beispielsweise ein Hybridantrieb sein, der seinen Strom aus der Oberleitung oder aus einem Akku erhält und durch einen zusätzlichen Brennstoffzellenantrieb zur Reichweitenverlängerung ergänzt wird.

Ein weiteres Einsatzpotenzial alternativer Zugantriebe identifizieren die DLR-Forscherinnen und Forscher bei Streckenreaktivierungen. Dies betrifft auch die Entwicklung innovativer Konzepte für den Ausbau von Ladeinfrastrukturen und Wasserstofftankstellen.

Download Studie [PDF]