Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, Bundesumweltministerin Svenja Schulze und der Präsident des Luftverkehrsverbandes BDL, Peter Gerber, haben heute gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern weiterer Bundes- und Landesministerien sowie der Luftfahrtindustrie, Mineralölwirtschaft und der Anlagenbauer und -betreiber die "PtL-Roadmap" unterzeichnet.

Mit diesem gemeinsamen Fahrplan verständigen sich Politik und Wirtschaft auf die nötigen Anforderungen und erforderlichen Maßnahmen, um die Produktion von Power-to-Liquid-Kerosin in den nächsten Jahren auf- und auszubauen. Die PtL-Roadmap soll die Grundlage schaffen, um bis 2030 mindestens 200.000 Tonnen nachhaltiges Kerosin jährlich für den deutschen Luftverkehr zu produzieren. Das entspricht einem Drittel des aktuellen Kraftstoffbedarfs des innerdeutschen Luftverkehrs.

Strombasierte, nachhaltig produzierte Kraftstoffe sind einer der wichtigsten Bausteine, um CO2-neutrales Fliegen zu ermöglichen. Im sogenannten Power-to-Liquid-Verfahren entstehen aus nachhaltig mit zusätzlichen erneuerbaren Energien gewonnenem Wasserstoff und nachhaltigem Kohlendioxid flüssige Flugkraftstoffe. Der Kohlenstoff kann zunächst entweder aus nicht vermeidbaren CO2-Quellen stammen, z.B. aus Bioenergieanlagen und der Industrie, soll aber perspektivisch über technische Verfahren der Atmosphäre entzogen werden. Da beim Fliegen mit PtL-Kerosin nur das zuvor gebundene CO2 emittiert wird, können damit die CO2-Emissionen im Luftverkehr nach und nach drastisch reduziert werden. Die Herstellungsverfahren sind technisch weitestgehend erprobt, doch bislang sind die Kraftstoffe weder in relevanten Mengen noch zu marktüblichen Preisen erhältlich. Es fehlt an einer Produktion im industriellen Maßstab. Wie der Markthochlauf nachhaltigen PtL-Kerosins gelingen kann, zeigt nun die PtL-Roadmap. Mit diesem Fahrplan nutzen Politik und Wirtschaft die Chance, in Deutschland entscheidendes Industrie-Know-how und Technologieführerschaft in der Herstellung und im Einsatz von nachhaltig produzierten strombasierten Flugkraftstoffen auf- und auszubauen.

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Die wesentlichen Maßnahmen und Anforderungen beziehen sich auf die Technologie, die Nachhaltigkeit und den Markthochlauf für den PtL-Kraftstoff. Das heißt im Einzelnen:

  • Die technologische Entwicklung der einzelnen PtL-Produktionsanlagen und Komponenten sowie deren Zusammenspiel im industriellen Maßstab wird optimiert: Hierzu müssen Demonstrations- und Pilotanlagen entstehen, denn die Herstellungsverfahren sind zwar erprobt, jedoch bislang nur im Labormaßstab. Um reibungslose Produktionsprozesse auch im industriellen Maßstab zu gewährleisten, ist unter anderem der Aufbau einer Plattform zur Entwicklung, Erprobung und Demonstration unterschiedlicher Herstellungsprozesse von PtL-Kraftstoffen durch das BMVI sowie der Aufbau von Demonstrationsanlagen durch das BMU geplant.
  • Nachhaltigkeitskriterien müssen einheitlich, verbindlich sowie verlässlich ökologisch und sozial festgelegt werden. Nachhaltiges strombasiertes Kerosin kann nur mit zusätzlicher Erneuerbarer Energie erzeugt werden und muss eine bestimmte Minderung an Treibhausgasemissionen aufweisen. Die Akteure der Roadmap werden sich bei der Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitskriterien für PtL-Kerosin dafür einsetzen, dass sich ein möglichst hoher, verbindlicher Standard auf europäischer und internationaler Ebene etabliert. Diese Anforderungen sollen sich nicht nur auf den Strombezug, sondern auch auf andere Aspekte wie Wasserverfügbarkeit, Flächenverbrauch und Umweltverträglichkeit beziehen.
  • Bei der Unterstützung des Markthochlaufs ist entscheidend, dass verbindliche Ziele für den Ein- und Absatz von erneuerbarem Kerosin festgelegt werden, welche regulatorischen Rahmenbedingungen erforderlich sind und welche staatliche technologieoffene Förderung für einen selbsttragenden Markt notwendig ist: In der Roadmap ist hierzu festgehalten, dass Bund und Länder die Entwicklung und Produktion von PtL-Kerosin fördern und so zunächst ein Angebot schaffen. Durch eine verbindliche Mindestquote auf die in Deutschland verkauften Flugkraftstoffe sowie durch eine Abnahmeverpflichtung wird sichergestellt, dass trotz höherer Kosten der Kraftstoffe eine Nachfrage und Investitionssicherheit für die Marktakteure geschaffen wird. Wettbewerbsverzerrungen für den Luftverkehr sollen dabei vermieden werden. Darum sollten regulatorische Maßnahmen so ausgestaltet werden, dass sie einerseits wirkungsvoll und andererseits wettbewerbsneutral sind. Auf dieser Grundlage verpflichten sich die Luftverkehrsunternehmen zur Abnahme relevanter Mengen an PtL-Kerosin in den nächsten Jahren.

 

Stimmen der Unterzeichner zur PtL-Roadmap:

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer:

Mit dem Umstieg auf strombasiertes Kerosin können wir im Luftverkehr Millionen Tonnen an CO2-Emissionen einsparen. Doch strombasierte Kraftstoffe werden derzeit noch nicht in marktfähigen Mengen produziert. Bund, Länder und Industrie haben deshalb einen gemeinsamen Fahrplan entwickelt, wie wir den Markthochlauf in Deutschland anstoßen können. Das BMVI hat außerdem das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt beauftragt, gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie eine Produktionsanlage zu konzeptionieren, damit wir den Kraftstoff wirtschaftlich produzieren und schneller in den Einsatz bringen können. Unser Ziel ist es, klimaneutral zu fliegen.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze:

Strombasierte Treibstoffe sind der Aufwind für den CO2-neutralen Luftverkehr. Denn Flugzeuge für den Alltagsflugverkehr können auf absehbare Zeit nicht elektrisch fliegen. PtL-Kerosin ist daher eine zentrale klimafreundliche Alternative zu fossilem Kerosin. Strombasierte Treibstoffe sollen möglichst bald ihren Weg aus dem Labor in die industrielle Produktion finden. Politik und Wirtschaft stellen sich mit der PtL-Roadmap gemeinsam der großen Herausforderung, den Luftverkehr CO2-neutral zu machen. Das BMU leistet mit dem PtX-Lab Lausitz und dem International PtX-Hub Berlin national und international Aufbauarbeit. Derzeit setzen wir die europäische Richtlinie für erneuerbare Energien im Verkehr in nationales Recht um. Damit schaffen wir eine zukunftsfähige Basis für die Förderung der industriellen Produktion von PtL-Kerosin. Die von der Bundesregierung vorgesehene, sukzessiv steigende gesetzliche Unterquote für PtL-Kerosin wird dessen Erzeugung ab 2026 massiv ankurbeln. Mit den gesetzlichen Vorgaben schafft die Bundesregierung die nötige Investitionssicherheit, die für die Weiterentwicklung klimafreundlicher Technologien und den Anlagenbau dringend nötig ist. Die PtL-Roadmap flankiert eine wichtige Etappe auf dem Weg zur CO2-Neutralität im Luftverkehr.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier:

Mit strombasiertem Kerosin auf Basis von grünem Wasserstoff zeigen wir, dass Fliegen und Klimaschutz nicht im Widerspruch stehen. Mit dem wichtigen Schritt für den Markthochlauf von grünem Wasserstoff wollen wir die Technologieführerschaft deutscher Unternehmen ausbauen und die Entwicklung einer globalen Wasserstoffwirtschaft voranbringen. Das Bundeswirtschaftsministerium unterstützt den Markthochlauf durch vielfältige Förderprogramme und die Gestaltung der regulatorischen Rahmenbedingungen. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von Wasserstofftechnologien und für den globalen Klimaschutz.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller:

Wir brauchen eine globale Energie- und Verkehrswende. Dazu gehören CO2-emissionsfreie synthetische Kraftstoffe – auch für den Flugverkehr. Die wachsende Nachfrage werden wir nicht alleine in Europa abdecken können. Wir brauchen als nächsten Schritt eine Energie- und Klimapartnerschaft mit Afrika. Denn Afrika hat die Sonne, Wasserkraft für die Produktion und viele junge, motivierte Menschen. In Marokko baut die deutsche Entwicklungszusammenarbeit eine Referenzanlage für grünen Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe. Das stärkt die Technologieführerschaft in Deutschland, schafft Arbeitsplätze vor Ort und ist ein sehr wirksamer Beitrag für den Klimaschutz.

Staatsminister Tarek Al-Wazir, Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen:

Auch wenn wir durch den Ausbau von Schiene und die intelligente Kopplung von Verkehrsträgern Kurzstreckenflüge in Zukunft vermeiden und andere Verkehre verlagern können – es wird Bereiche geben, in denen der Luftverkehr ohne Alternative ist und wir auf ihn angewiesen sind. Uns eint das Ziel, dass wir diesen Luftverkehr konsequent transformieren wollen: Er muss CO2-neutral und klimafreundlich werden. Wichtig ist, dass wir mit den Förderkonzepten des Bundes zügig den Schritt zum Bau verschiedener Produktionsanlagen in den Ländern schaffen, um erste Mengen an PtL-Kerosin und vor allem Erfahrungen für den weiteren Markthochlauf zu gewinnen. In Hessen haben wir mit dem Kompetenzzentrum für Klima- und Lärmschutz im Luftverkehr wichtige Weichen gestellt. Die Roadmap unterstreicht zudem erneut, wie zentral der massive Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen in- und außerhalb Europas für die Erreichung der Pariser Klimaschutzziele sein wird.

Peter Gerber, Präsident des Luftverkehrsverbandes BDL und CEO bei Brussels Airlines:

Unser Ziel ist das CO2-neutrale Fliegen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist der Ersatz des fossilen Kerosins durch nachhaltige Flugkraftstoffe essenziell. Die langfristig auch ökologisch beste Lösung sind Kraftstoffe, die aus atmosphärischem CO2 mithilfe Erneuerbarer Energien hergestellt werden. Dass das funktioniert, ist belegt – jetzt werden Politik und Industrie auf Basis der PtL-Roadmap gemeinsam daran arbeiten, dass diese nachhaltigen Kraftstoffe in ausreichender Menge und zu wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung stehen. Wir begrüßen die Verständigung darauf, dass regulatorische Maßnahmen für den Markthochlauf so ausgestaltet werden sollen, dass sie einerseits wirkungsvoll und andererseits wettbewerbsneutral sind. Auf dieser Grundlage wollen wir uns am Aufbau industrieller Anlagen zur Herstellung nachhaltiger Flugkraftstoffe beteiligen, etwa in Form von Abnahmegarantien.

Reiner Winkler, BDLI-Vizepräsident Luftfahrt und Vorstandsvorsitzender der MTU Aero EnginesAG:

Die Energiewende am Himmel ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Nur eine nachhaltige Luftfahrt kann Mobilität und Klimaschutz dauerhaft gewährleisten und so langfristig die „licence to operate“ behalten. Die in der PtL-Roadmap beschriebenen Maßnahmen müssen schnell und konsequent umgesetzt werden, um die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Dafür ist als erster Schritt ein zügiger Aufbau von Pilotanlagen zur Produktion von synthetischen Kraftstoffen in Deutschland notwendig. Dazu stellen neben integrierten Flugsystemen, Leichtbaustrukturen und der Digitalisierung vorrangig innovative Antriebstechnologien die erfolgversprechendste Möglichkeit dar, den Luftverkehr zu dekarbonisieren. Wir ergreifen jetzt die Chance: Unsere hochinnovative Industrie verfügt, zusammen mit unserer exzellenten Forschungslandschaft, über das Know-how, dass das klimaneutrale Flugzeug der Zukunft aus Deutschland und Europa kommt. Investitionen in Innovationen und technischem Fortschritt zahlen sich aus: Die Zukunft der Luftfahrt basiert auf Nachhaltigkeit und Klimaneutralität.

Wolfgang Langhoff, Vorstandsvorsitzender des Mineralölwirtschafts-verbandes (MWV) und Vorsitzender des Vorstands der BP Europa SE:

Wir sind überzeugt, dass die PtL-Roadmap einen belastbaren Plan aufzeigt, wie wir effizient und im Schulterschluss von Politik und Wirtschaft das Ziel Dekarbonisierung der Luftfahrt erreichen können. 200.000 Tonnen PtL-Kerosin pro Jahr sind ein realistischer erster Schritt, der keineswegs zu klein ausfällt: Er ermöglicht die Dekarbonisierung von etwa einem Drittel aller deutschen Inlandsflüge bis 2030.

Dr. Uwe Lauber, Vorstandsvorsitzender der VDMA-AG „Power-to-X for Applications“und Vorsitzender des Vorstands, MAN Energy Solutions SE:

Für eine klimaneutrale Luftfahrt sind strombasierte Kraftstoffe unabdingbar. Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau möchte mit seiner Ingenieurskunst und Technologieführerschaft einen Beitrag dazu leisten. Der Markthochlauf für „Power-to-X“ muss in dieser Dekade angestoßen werden, damit sich diese Technologien auch international durchsetzen.

 

Für die Ausgestaltung und Umsetzung der PtL-Roadmap zeichnen verantwortlich: seitens der Bundesregierung das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), die Bundesländer vertreten durch den hessischen Verkehrsminister Tarek Al Wazir, sowie auf Seiten der Industrie der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI), der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) sowie die Arbeitsgemeinschaft „Power-to-X for Applications“ des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA).