Erforschung der nachhaltigen PtL-Kraftstoff-Produktion bei Stromschwankungen im Industriepark Höchst, Frankfurt a. M.

In der weltweit größten Pilotanlage für synthetisches Kerosin in Hessen soll erstmals gezeigt werden, wie sich die schwankende Verfügbarkeit von Ökostrom auf die Herstellung von CO2-neutralen Power-to-Liquid-Kraftstoffen auswirkt. Für das Projekt RePoSe (Real-time Power Supply for e-fuels) hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) nun eine Förderzusage in Höhe von rund 3,4 Mio. Euro erteilt.

„Wir haben uns das Ziel gesetzt, bis 2030 pro Jahr mindestens 200.000 Tonnen nachhaltiges Kerosin für den deutschen Luftverkehr zu produzieren“, sagt Oliver Luksic, Parlamentarischer Staatsekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr. „Vom Projekt RePoSe erwarten wir uns einen Schub für den dringend benötigten Markthochlauf von strombasierten Kraftstoffen und neue wichtige Erkenntnisse über die technischen Bedingungen, die dafür nötig sind.“

Pilotanlage: Kontinuierlicher Bedarf trifft auf variable Stromproduktion

Das Projekt RePoSe läuft von Oktober 2022 bis August 2026, wobei der praktische Teil der Durchführung auf dem Gelände des Industrieparks Höchst stattfindet. Ein Teil der dort geplanten Pilotanlage wird im Projekt dazu genutzt, die Fischer-Tropsch-Synthese zur Herstellung von PtL-Kraftstoffen zu betreiben – und zwar erstmals variabel. Die Fischer-Tropsch-Synthese oder das Fischer-Tropsch-Verfahren ist ein großtechnisches Verfahren zur Umwandlung von Synthesegas (CO/H2) in flüssige Kohlenwasserstoffe.

„Eine zentrale Fragestellung für die spätere industrielle Hochskalierung ist, wie Schwankungen bei der Stromversorgung aus erneuerbaren Energien bei der Produktion des synthetischen Kerosins abgepuffert werden können. Dies werden wir gemeinsam mit unseren Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft untersuchen“, sagt Bernhard Dietrich, Leiter von CENA Hessen, dem Kompetenzzentrum für Klima- und Lärmschutz im Luftverkehr der Hessen Trade & Invest GmbH (HTAI).

Bisher wurde diese Technologie nur im Dauerbetrieb mit kontinuierlicher Wasserstoffversorgung untersucht. Da Strom aus Sonne und Wind aber nicht kontinuierlich zur Verfügung steht, werden als Puffer sehr große Wasserstoffspeicher benötigt. Wie groß sie genau sein müssen, wird im Projekt RePoSe berechnet und praktisch erprobt. „Wir erwarten, dass sich die Größe des Wasserstofflagers dadurch deutlich reduzieren lässt, was eine Kostenoptimierung bei der Produktion bedeutet“, so Dietrich. „Interessant wird auch, zu sehen, welche Optionen zur Flexibilisierung im Produktionsprozess selbst liegen.“

Neben der technischen Erprobung des Betriebs sollen außerdem die Auswirkungen des variablen Betriebs auf die Nachhaltigkeit der Kraftstofferzeugung (u. a. in Form einer Lebenszyklusanalyse) und auf die mechanische Beanspruchung der Fischer-Tropsch-Anlage ermittelt werden.

CO2-neutraler Kraftstoff aus Wasser, Strom und abgeschiedenem CO2

Beim PtL-Verfahren wird Wasser mithilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten und der so erzeugte Wasserstoff zusammen mit CO2 aus Industrieprozessen für die Synthese von Flüssigkraftstoffen genutzt. Wenn der hierfür eingesetzte Strom aus erneuerbaren Energien stammt, kann der CO2-Kreislauf vollständig geschlossen werden. Das bedeutet, bei der Verbrennung solcher PtL-Kraftstoffe wird nur so viel CO2 freigesetzt, wie bei der Herstellung gebunden wurde. Als Produkt steht am Ende z. B. CO2-neutrales Kerosin. „Wir brauchen synthetische Kraftstoffe, um in allen Sektoren die Erreichung der Klimaziele zu ermöglichen. Jede nachhaltig hergestellte Tonne CO2-neutralen Kraftstoffs ist in mehrfacher Hinsicht wertvoll“, sagt Dr. Rainer Waldschmidt, HTAI-Geschäftsführer. „Denn es wird nicht nur CO2 eingespart. Beim Verbrennen entstehen auch weniger Luftschadstoffe.“

Projektpartner

Das Projekt RePoSe wird im Rahmen des Gesamtkonzepts Erneuerbare Kraftstoffe mit insgesamt 3.425.491 Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert. Die Entwicklungsplattform für PtL-Kraftstoffe wird von der NOW GmbH koordiniert und durch die Projektträger VDI/VDE Innovation + Technik GmbH umgesetzt.

 

Die Partner im Projekt RePoSe (in alphabetischer Reihenfolge):

  • CENA Hessen
  • Fraunhofer IWKS
  • Fraunhofer LBF
  • Ineratec AG
  • Provadis Hochschule

CENA Hessen ist Projektkoordinator für RePoSe und untersucht in diesem Projekt die Optimierung von Stillstandzeiten der Syntheseanlage und die Größe des Wasserstofflagers. Dies umfasst die Beschaffung und Analyse von Daten zur Stromverfügbarkeit aus regenerativer Erzeugung, die Durchführung der Optimierungsrechnungen sowie den praktischen Betrieb eines Wasserstofflagers.

Fraunhofer IWKS wird im Rahmen des Projektes die nach festgelegten Intervallen getauschten Systemkomponenten und deren Abnutzung sowie gegebenenfalls auftretende Ermüdungserscheinungen (Riss, Oberflächenschäden) metallographisch, strukturanalytisch sowie mikrostrukturell und morphologisch untersuchen. Dies gibt die Möglichkeit, gezielte Optimierungen an den eingesetzten Werkstoffen durchzuführen und die Auswirkungen aus dem Betrieb in Kombination mit den Auswirkungen des Wasserstoffs zu untersuchen.

Fraunhofer LBF untersucht die Zuverlässigkeit der Anlage unter variablen Lasten. Dies beinhaltet die Messung und Bewertung der lokalen Beanspruchungen an der Anlage, die Ableitung von Fehler-Effekt-Zusammenhängen für die Bewertung von Ausfallszenarien und deren Auswirkungen auf die Betriebsdauer sowie auf die Anlageneffizienz und -sicherheit. Über zyklische Analysen der eingesetzten polymeren und metallischen Werkstoffe wird eine Bewertung der Werkstoffschädigung durch die Kontaktmedien der Anlage durchgeführt.

INERATEC plant, im Industriepark Frankfurt Höchst eine Power-to-Liquid (PtL) Pionieranlage zur Erzeugung von E-Fuels zu errichten. Aus bis zu 10.000 Tonnen biogenem CO2 und erneuerbarem Strom sollen jährlich bis zu 3.500 Tonnen oder 4,6 Millionen Liter INERATEC e-Fuels produziert werden. Die Pionieranlage setzt sich aus einzelnen, standardisierten Modulen zusammen. Eines dieser Module soll in das Projekt RePoSe eingebracht werden, um damit eine volatile Stromversorgung zu erproben.

Die Provadis Hochschule wird im Rahmen des Forschungsprojekts RePoSe eine Lebenszyklusanalyse erstellen. Mit dieser werden die Umweltwirkungen, wie bspw. der CO2-Fußabdruck und die Ressourcenbeanspruchung, detailliert und auf jeden Prozessschritt bezogen quantifiziert. Hierdurch ist bereits frühzeitig erkennbar, welche Prozessschritte eine hohe Umweltwirkung haben, sodass Maßnahmen zu deren Reduktion ergriffen werden können. Darüber hinaus kann abgeleitet werden, ob sich ökologische Vorteile gegenüber kontinuierlichen Verfahren ergeben.

 

Bildquelle: Jana Kay