Das Forschungsprojekt „DEFINE“ hatt zum Ziel, die staatliche Förderung einer erhöhten Marktdurchdringung von Elektromobilität mittels politischer Instrumente zu bewerten.

Wie entwickelt sich die Anzahl der elektrischen PKW in Deutschland? Welche Auswirkungen besitzt die Nutzung der elektrischen PKW auf das Stromsystem und die Ausnutzung der Kraftwerkskapazitäten in Deutschland? Und wie verändern sich die CO2-Emissionen, wenn elektrische PKW genutzt werden?
Diesen Fragen widmeten sich das Öko-Institut und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) über zwei Jahre im Rahmen eines europäischen Forschungsprojekts. Darin leiteten sie für einen Zeitraum bis 2030 die Marktpotenziale der Elektromobilität und deren Auswirkungen auf die Stromerzeugung in Deutschland ab. Neben der Entwicklung zweier Marktszenarien für elektrische PKW wurden die Auswirkungen auf die Art der Stromerzeugung durch den erhöhten Strombedarf untersucht und eine CO2-Bilanz für Elektromobilität in Deutschland erstellt.
Zwei Szenarien für die Marktentwicklung elektrischer PKW wurden abgeleitet. Das Bussines-As-Usual-Szenario (BAU) stellt die Entwicklung auf Basis heutiger Rahmenbedingungen und Politiken dar. Im Elektromobilität+-Szenario (EM+) wurden bei der Herleitung der PKW-Zahlen politische Maßnahmen zu Förderung der Elektromobilität, wie eine Erhöhung der Kraftstoffsteuern, ein Feebate-System zur Förderung emissionsarmer PKW und ambitioniertere Zielwerte für die CO2-Regulierung auf europäischer Ebene unterstellt. Mit der Auswertung repräsentativer empirischer Daten wurden zudem Fahrzeuganforderungen berücksichtigt, die sich aus dem heutigen Verkehrsverhalten ableiten, und es wurde mit Hilfe einer Conjoint-Analyse eine Kaufentscheidung simuliert. Insgesamt ergibt sich im Jahr 2030 im BAU-Szenario ein Bestand an 3,9 Millionen elektrischen PKW; durch die angenommenen Fördermaßnahmen liegt die Anzahl der elektrischen PKW mit 5,1 Millionen im EM+-Szenario höher. Plug-In–Hybrid- und Range-Extender-Fahrzeuge, die neben einem elektrischen Antrieb auch noch einen Verbrennungsmotor für den Antrieb besitzen, stellen dabei die Mehrheit der PKW.
Die Auswirkungen der Integration dieser Fahrzeugflotten in das deutsche Stromsystem wurden mit einem numerischen Kraftwerkseinsatzmodell untersucht. Als Inputparameter dienten insbesondere die Rahmendaten des deutschen Netzentwicklungsplans zu konventionellen und erneuerbaren Stromerzeugungskapazitäten. Es wurden zwei extreme Aufladestrategien unterschieden: bei einer vollständig „nutzergetriebenen“ Aufladung werden Elektrofahrzeuge so schnell wie möglich vollständig aufgeladen, sobald sie mit einem Ladepunkt verbunden sind; bei einer „kostengetriebenen“ Aufladung kann Ladung dagegen innerhalb der durch die Fahrzeugprofile gesetzten Grenzen in Stunden niedriger Strompreise verschoben werden. Der jährliche Energieverbrauch der modellierten Elektrofahrzeugflotten ist verglichen mit dem gesamten Stromverbrauch gering, die stündlichen Ladeleistungen können dagegen sehr hoch werden. Im nutzergetriebenen Modus werden die Fahrzeuge überwiegend tagsüber und in den Abendstunden geladen, was zu einer problematischen Erhöhung der Spitzenlast des Stromsystems führen kann. Im Gegensatz dazu verschiebt die Aufladung sich bei einer kostengetriebenen Ladestrategie größtenteils in die Nachtstunden. Dadurch erhöht kostengetriebenes Laden die Auslastung von Stein- und Braunkohlekraftwerken deutlich, während im nutzergetriebenen Fall der zusätzliche Strom überwiegend aus Erdgas- und Steinkohlekraftwerken stammt.

Die CO2-Emissionen der zusätzlichen Stromerzeugung sind in den meisten Szenarien deutlich höher als die durchschnittlichen CO2-Emissionen des gesamten Strommixes. Grund hierfür ist, dass die durch elektrische PKW bewirkte leichte Verbesserung der Systemintegration erneuerbarer Energien überkompensiert wird durch eine vermehrte Kohleverstromung. Die Emissionen sind bei kostengetriebener Aufladung besonders hoch, da hier die größten Möglichkeiten zur Nutzung des günstigen, aber emissionsintensiven Kohlestroms bestehen. Nur wenn die Einführung der Elektromobilität mit einem entsprechenden zusätzlichen Ausbau erneuerbarer Stromerzeugungskapazitäten verknüpft wird, steigen die Emissionen des Stromsektors nicht an.
Durch die Nutzung des elektrischen Antriebs, der ohne direkte CO2-Emissionen auskommt, verringern sich die Emissionen des Verkehrssektors. Im Gegensatz dazu erhöht sich grundsätzlich der CO2-Ausstoß im Stromsektor durch den erhöhten Strombedarf. Aus diesem Grund wurde eine Netto-CO2-Bilanz für die Auswirkungen der Elektromobilität auf den Strom- und Verkehrssektor durchgeführt und bestimmt, wie sich die CO2-Emissionen im Vergleich zu einem Szenario ohne Elektromobilität verändern.
Im BAU-Szenario überwiegt der Effekt der zusätzlichen Emissionen im Stromsektor, so dass in der Summe von Strom- und Verkehrssektor mehr CO2 emittiert wird als ohne Elektromobilität. Im EM+-Szenario verringern sich die Netto-Emissionen im Vergleich zum Basisszenario; dieser Effekt ergibt sich allerdings dadurch, dass die konventionellen Fahrzeuge im Vergleich zum Basisszenario aufgrund der Annahme ambitionierter CO2-Emissionstandards effizienter sind. Das Potenzial zur Verminderung der CO2-Emissionen wird erst dann voll ausgeschöpft, wenn im Vergleich zum Basisszenario zusätzliche erneuerbare Stromerzeugungskapazitäten zur Verfügung stehen. Folglich sollte eine Einführung von Elektromobilität mit einer Anpassung der Ausbauziele für erneuerbare Energien einhergehen, wenn Elektromobilität annähernd emissionsneutral betrieben werden soll. Soll der zusätzliche Strom nicht in Braun- oder Steinkohlekraftwerken erzeugt werden, müssen sich die Ausbaupläne gegenüber der heutigen Planung erhöhen.

Europäische Partner:

  • Institut für Höhere Studien Wien, Österreich
  • Technische Universität Wien, Österreich
  • Umweltbundesamt, Österreich
  • CASE – Center for Social and Economic Research, Polen

Förderkennzeichen
03EMEN04