Alstom stellt gemeinsam mit der TU Berlin die Weichen für alternative Antriebe auf der Schiene: Ab Dezember nimmt der Batterietriebzug den Passagierbetrieb in Baden-Württemberg und Bayern auf – als erster für den regulären Fahrgastbetrieb zugelassene Zug seiner Art in Deutschland seit den 1960er Jahren.

Der Batterietriebzug von Alstom ist in Chemnitz auf seine Premierenfahrt gestartet. Der in Hennigsdorf entwickelte und als Prototyp gefertigte Zug fuhr über Flöha und Zschopau zurück nach Chemnitz. Dabei wechselt er seine Antriebsart von Oberleitungsbetrieb auf batterieelektrisch.

Alstom unterstreicht mit diesem Zug seine Technologieführerschaft bei alternativen Antrieben auf der Schiene. Das Projekt hat seinen Ursprung in einer Forschungskooperation mit der TU Berlin, die Ende 2016 begonnen hat. Diese umfasst die Entwicklung, Zulassung und den Einsatz des Batterietriebzuges im Fahrgastbetrieb, den Nachweis der Gesamtwirtschaftlichkeit des Batteriebetriebs im Vollbahnbereich sowie die Erstellung von Handlungsempfehlungen für Politik, Betreiber und Aufgabenträger für den Einsatz von Batterietriebzügen auf nicht- oder nur teilweise elektrifizierten Strecken. Kernstück des Technologieträgers ist das Antriebssystem mit Traktionsbatterie, das in Mannheim entwickelt und getestet wurde. Dort betreibt Alstom ein spezialisiertes Batterie- und Hochspannungslabor.

„Alstom hat das klare Ziel, international führend bei alternativen Antriebstechnologien auf der Schiene zu werden. Dieses hochmoderne Antriebskonzept mit Batterien ist neben unserem Wasserstoffzug ein weiterer Meilenstein für die Markteinführung emissionsfreier Regionalzüge in Deutschland und weltweit“, sagt Müslüm Yakisan, Präsident von Alstom in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Der Batterietriebzug wurde in Kooperation verschiedener Projektpartner entwickelt. Dazu zählen die DB Regio, die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg, die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW GmbH) sowie die TU Berlin. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) fördert das Projekt mit rund vier Millionen Euro.

Die wissenschaftliche Begleitforschung der TU Berlin hat seit Projektstart das Fachgebiet Bahnbetrieb und Infrastruktur gemeinsam mit dem Fachgebiet Methoden der Produktentwicklung und Mechatronik inne. Die Untersuchungen ergaben beispielsweise, dass ein großer Anteil der heute mit Dieselfahrzeugen betriebenen Linien nichtelektrifizierte Abschnitte von deutlich unter 100 Kilometern sind. Die Nutzung der bereits bestehenden Fahrleitungsinfrastruktur erlaubt auf diesen Linien einen Einsatz von batterieelektrischen Fahrzeugen ohne größere Infrastrukturausbauten. Es wurden im Rahmen des Projektes umfangreiche Fahrdynamik- und Energiesimulationen durchgeführt. Prof. Dr.-Ing. Birgit Milius, Leiterin des Fachgebietes Bahnbetrieb und Infrastruktur, erläutert dazu: „Die Auswertungen haben deutlich gezeigt, dass im Schienenpersonennahverkehr batterieelektrische Fahrzeuge das Potenzial haben, Dieselfahrzeuge erfolgreich zu ersetzen. Unsere Betrachtungen hatten dabei immer das Gesamtsystem im Blick. Die Aspekte Fahrzeug, Betrieb und Infrastruktur wurden unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Einsatzbedingungen analysiert, um so belastbare Ergebnisse zu erhalten.“

Dr. Harald Neuhaus, Geschäftsführer der Verkehrsverbund Mittelsachsen GmbH, unterstreicht: „Bereits im zweiten Halbjahr 2019 wurde durch die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Verkehrsverbund Mittelsachsen (ZVMS) die Verkehrsverbund Mittelsachsen GmbH (VMS GmbH) mit der Umsetzung eines Fahrzeugkonzeptes für den RE6 auf der Strecke Chemnitz – Leipzig beauftragt. Gute Erfahrungen mit Alstom konnten schon nach der Anschaffung von 29 Elektrotriebzügen des Typs Coradia Continental für das Elektronetz Mittelsachsen gesammelt werden. Die erfolgreiche Lieferung und Instandhaltung haben dazu geführt, dass Anfang 2020 über einen Nachtrag zum vorhandenen Liefervertrag auch Fahrzeuge mit modernstem batterieelektrischem Antriebskonzept in Auftrag gegeben werden konnten. Ab 2023 wird es dann Realität. Unsere Fahrgäste werden auf einer bisher nicht elektrifizierten Strecke bis zum Abschluss der Elektrifizierung komfortabel und emissionsfrei befördert. Wir sind stolz, gemeinsam mit allen Partnern einen Beitrag zu der Umsetzung innovativer Antriebskonzepte in Sachsen leisten zu können.“

 

Bild: Bahnhof Flöha: der Zug wechselt die Antriebsart von Oberleitungsbetrieb auf batterieelektrisch. Auf Abschnitten ohne externe Stromversorgung bezieht der Antrieb die Energie aus den Batterien – die wiederum auf Strecken mit Oberleitung wieder aufgeladen werden.